40 Jahre Stoff aus Naturfasern

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Es begann mit Leinen aus Vorkriegsbeständen in einer kleinen Vogelsberger Weberei, wo ich nach natürlichen Stoffen suchte für meine Kinder, da die damalige modische Welt aus Trevira, Dralon, Nylon und dergleichen bestand.

In der ökologischen Alternativ-Bewegung der 70er Jahren wuchs der Wunsch nach Natürlichkeit bei einer zunächst noch sehr kleinen subkulturellen Gruppe.
Und so war ich nicht die Einzige, die sich an den begrenzten Vorräten der Weberei bediente.

In mir wuchs die Idee, den Rest der Stoffe zu verkaufen und mit dem Erlös wieder neue weben zu lassen. Ich bekam die Ware auf Kommission, bastelte Musterkarten mit UHU, Kuli und Lineal und bald schon wurden die ersten Stoffe nach meinen Vorstellungen und Kriterien gewebt.

Bei der Suche nach weiteren Quellen stellte es sich heraus, dass viele Webereien und Spinnereien in Deutschland, die auf die Verarbeitung natürlicher Fasern eingestellt waren, damals für immer ihre Tore schlossen. Von der deutschen Hanf-AG in Füssen und der Feinbaumwollweberei in Ravensburg war nur noch Konkursmasse zu bekommen. Die Fabrikation wurde auf Kosten von Qualität und Vielfalt zu Billigstpreisen nach Indien und China verlegt.

Die Firma wurde größer, MitarbeiterInnen kamen dazu und die Kreise wurden weiter. Traumhafte Seidenstoffe und malerische Piquees gab es in Frankreich, feinste Cashmere-, Kamelhaar- und Wildseidenjerseys in der Schweiz, schönste Leinenstoffe in Italien und im Schwarzwald ließen wir naturbraunen Teddyplüsch mit Baumwollrücken herstellen.

Die so unglaublich reiche Textilkultur Indiens war eine große Entdeckung. Dort wurde noch viel von Hand gefertigt. Edle Wildseiden, Handdrucke, Jamavars, Ikats, Cutworks und Khadi-Stoffe fanden den Weg in unsere Kollektion. Aus Afrika kamen Schlamm-Malereien und Indigo-Malereien. Aus Guatemala bunte Ikats und aus Thailand die rot bestickten Indigo-Batiken der Hmong auf Hanfgewebe. Die magische Kaiserseide war eine Sensation aus China.

Sally Fox baute farbig gewachsene Baumwolle an in den USA und plötzlich gab es grüne und braune Stoffe die keine chemische Färbung brauchten. Hanf erlebte eine Wiedergeburt.

Bald machten wir Experimente mit Pflanzenfarbstoffen in einer Färberei in Süddeutschland, wo wir zweimal im Jahr je ca. 3000m Stoff auf altertümlichen Industriemaschinen mit Naturfarben färbten.

Ebenfalls auf Pionierwegen befanden wir uns 1998, als wir die ersten Stoffe ins Internet stellten und in 2001 den wahrscheinlich ersten Shop für Meterware im deutschen Netz veröffentlichten.

Mit dem Internet kamen Kunden aus der ganzen Welt. Besonders spannend finden wir es, wenn unsere Stoffe eine „tragbare“ Rolle im Fernsehen, im Theater und bei internationalen Filmenproduktionen spielen dürfen, darunter so bekannte wie Harry Potter, Das Parfüm, Das Geisterhaus, Game of Thrones, um nur einige zu erwähnen. Neben vielen internationalen Häusern in Europa, bestückt inzwischen auch die Metropolitan Opera in New York ihre Aufführungen mit unseren Stoffen.

In all den Jahren sind wir unseren Prinzipien treu geblieben, ein breit gefächertes Programm an Stoffen aus Naturfasern anzubieten von herausragender Qualität und Schönheit. Wir bemühen uns um den Erhalt von Textilkultur genauso wie um die Entwicklung von neuen Produkten und Herstellungsweisen. Dabei sind uns – lange schon vor den ersten Öko-Siegeln – soziale Aspekte ebenso wichtig wie Umweltkriterien und wenn möglich die Vermeidung langer Transportwege, weshalb wir europäische Produktionen bevorzugen.

Inzwischen hat sich unsere Vision erfüllt: Die Nachfrage nach natürlichen und sogar biologisch zertifizierten Stoffen und Bekleidung ist steigend und es werden wieder mehr Stoffe aus Naturfasern produziert.

Schuld daran sind Sie, denn Sie haben dafür gesorgt, dass es uns heute noch gibt und Naturfaserstoffe wieder wichtig sind und vermehrt produziert werden.